Flüchtlinge und benachteiligte EU-Zuwanderer (z.B. Roma) sind Teil des gegenwärtigen Wandels von städtischen Quartieren. Allein 2015 beantragten über 470.000 Menschen Asyl in Deutschland. Besonders in Großstädten konkurrieren Geflüchtete und benachteiligte EU-Zuwanderer auf dem Wohnungsmarkt mit anderen Geringverdienern. Prekäre Einkommensverhältnisse, fehlende Deutschkenntnisse oder Stigmatisierungen erschweren ihren Zugang zum Wohnungsmarkt. Die gesellschaftliche Integration dieser Gruppen wird als Schlüssel für eine zukunftsfähige und krisenfeste Transformation von Quartieren angesehen, da nur so langfristig die Entstehung urbaner Armutsinseln mit Folgen für deren städtisches Umfeld zu vermeiden ist.
Einige Kommunen und Wohnungsunternehmen stellen sich dieser besonderen Herausforderung: In Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure wurden vielfältige Strategien und Instrumente zur Integration entwickelt und werden aktuell erprobt. Dazu gehören soziale Instrumente (z. B. Abbau von Sprachbarrieren), kooperative und kommunikative Instrumente (z. B. Quartiersfest von und mit alteingesessenen und neuen Bewohnern), wohnungswirtschaftliche Instrumente (z. B. Gemein-schafts(frei)räume) und stadtplanerische bzw. stadtentwicklungspolitische Instrumente (z. B. ökologische Stadtteilkonzepte). Neben Wohlfahrtsverbänden, Vereinen und zivilgesellschaftlichen Gruppierungen rücken besonders Wohnungsunternehmen als Partner der Kommunen in das Blickfeld. Sie nehmen durch ihre Vergabepolitik, Investitionen in Qualität und Quantität des Wohnungsangebotes sowie des Wohnumfeldes maßgeblich Einfluss auf das Integrationspotenzial eines Quartiers. Teilhabe zu ermöglichen und langfristig zu gewährleisten scheint dabei ein wesentlicher Baustein zu sein.
Im Mittelpunkt des Forschungsvorhabens steht die Evaluation, (Weiter-)Entwicklung und Erprobung von Strategien und Instrumenten eines nachhaltigen Transformationsmanagements zur dauerhaften Integration von benachteiligten Neuzuwandern (v.a. Roma und Flüchtlingen) auf dem Wohnungsmarkt. Ferner sollen Konzepte entwickelt werden, die die Anforderungen unterschiedlicher Bewohnergruppen an das gemeinsame Wohnen und Leben im Quartier berücksichtigen. Daraus sollen Handlungsempfehlungen für eine kultur- und fluchtsensible Gestaltung nachhaltiger Stadt(teil)-entwicklungsprozesse vorrangig für Kommunen und (kommunale) Wohnungsunternehmen, aber auch für Bund und Länder erarbeitet werden. Dabei stehen vor allem folgende Fragen im Fokus: • Welche Indikatoren eignen sich zur Bewertung von Integration im Quartier? • Welche hemmenden und welche treibenden Akteure für die notwendige Transformation gibt es? • Welche hemmenden Faktoren stehen einer erfolgreichen Integration im Weg und wie können sie langfristig abgebaut werden? • Welchen Beitrag können Wohnungsunternehmen, Kommunen und soziale Träger zu einer nachhaltigen Wohnnutzung und Lebensqualität von Flüchtlingen, Roma und anderen Bevölkerungsgruppen im Quartier leisten? • Wie lassen sich Erfolge einer nachhaltigen Transformation verstetigen und auf weitere Projektinitiativen übertragen?
Für das Forschungsvorhaben sind zwei Fallstudien, ,,Bunte 111‘‘ in Berlin und ,,Probewohnen‘‘ in Lübeck, ausgewählt worden. Anhand verschiedener Methoden wird analysiert, inwiefern sich die angewendeten Instrumente und Strategien bewährt haben und welche Potenziale der Weiterentwicklung und Übertragbarkeit bestehen. Qualitative Interviews und Kartierungen sollen Aufschluss darüber geben, wie sich die Befragten Bewohnern/innen die räumlichen Möglichkeiten in beiden Städten aneignen. Fokusgruppen mit Vermietern und Institutionen vor Ort (z.B. Schulen und Beratungseinrichtungen) sowie mit Nachbarn ergänzen die Ergebnisse der Interviews und dienen der Entwicklung und Erprobung einer Verstetigungsstrategie, die eine Übertragung bewährter Instrumente auf andere Wohnungsunternehmen und Städte vorsieht.
Das Forschungsvorhaben ist ein Verbundprojekt der vier Verbundpartner, Institut für Stadtforschung, Planung und Kommunikation der FH Erfurt, HafenCity Universität Hamburg (Fachgebiet Stadt- und Regionalsoziologie), Bezirksamt Reinickendorf von Berlin und Grundstücksgesellschaft TRAVE mbH Lübeck, in enger Zusammenarbeit mit der Gewobag Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Berlin, GESOBAU AG und Hansestadt Lübeck.