Bildungsteilhabe von geflüchteten Jugendlichen


Projektart Drittmittelprojekt
Finanzierung
Themen
  • Aufnahme und Integration
Disziplinen
  • Erziehungswissenschaften
  • Sonstiges
Projektwebseite www.katho-nrw.de
Laufzeit 04/2016 ‒ 03/2018
Geographischer Fokus
  • Deutschland
    • Nordrhein-Westfalen
Institutionen
Beteiligte Personen
  • Weena Mallmann
    • Bearbeitung
  • Nadine Sylla
    • Bearbeitung
  • Tobias Tillmann
    • Bearbeitung
  • Prof. Dr. Norbert Frieters-Reermann
    • Leitung
  • Prof. Dr. Marianne Genenger-Stricker
    • Leitung
Kurzbeschreibung

Ausgangspunkt des zweijährigen Forschungsprojektes war die Beobachtung, dass Bildung im Kontext von gesellschaftlichen Diskursen und wissenschaftlicher Forschung zu Flucht und Asyl zwar eine zentrale Stellung einnimmt, jedoch meist ausschließlich formale Bildungskontexte fokussiert werden, während außerschulische und non-formale Bildungsorte und -kontexte vernachlässigt werden. Es lag die Annahme zugrunde, dass außerschulische Bildung für die individuelle Identitätsentwicklung und Selbstwirksamkeitserfahrungen bedeutsam ist und dass offene Begegnungs- und Gestaltungsräume unter Gleichaltrigen Mitgestaltung und Erfahrungen von Zugehörigkeit ermöglichen.

Das Forschungsprojekt beschäftigte sich mit der Fragestellung, wie die Bildungsteilhabe für geflüchtete Jugendliche im außerschulischen Bildungsbereich erhöht werden kann. Daher wurden die konkreten Bedürfnisse, Erfahrungen und Interessen von geflüchteten Jugendlichen in Bezug auf außerschulische Bildungsaktivitäten sowie vorhandene Exklusionstendenzen und Zugangsbarrieren außerschulischer Bildungsorte untersucht. Des Weiteren wurde die Bedeutung außerschulischer Bildung für die Jugendlichen in den Blick genommen und hinterfragt, welche Integrations- oder Assimilationserwartungen an geflüchtete Jugendliche herangetragen werden und wie sie sich selbst zum Flüchtlingsbegriff und zu gesellschaftlichen Zuschreibungen positionieren. Es wurden sowohl Gruppendiskussionen und ethnographische Einzelbegleitungen mit geflüchteten Jugendlichen, als auch Leitfadeninterviews mit pädagogischen Fachkräften und Ehrenamtlichen geführt. Aus den Ergebnissen wurden Handlungsempfehlungen für die Jugend- und Bildungsarbeit entwickelt (vgl. Katholische Landesarbeitsgemeinschaft Kin-der- und Jugendschutz NRW e.V. 2018).

Die Ergebnisse zeigen, dass vielfältige Faktoren und Rahmenbedingungen den Zugang und die Teilhabe an außerschulischen Bildungsangeboten beeinflussen. Diese können förderlich und unterstützend oder auch erschwerend und verhindernd sein. Um diese Faktoren und Rahmenbedingungen und die damit einhergehenden Zugangsbarrieren und Zugangsmöglichkeiten differenzierter zu analysieren, wurden für die beiden Erhebungen mit den Jugendlichen fünf Analyseebenen unterschieden: persönliche Ebene, Be-ziehungsebene, institutionelle Ebene, strukturelle Ebene und diskursiv-symbolische Ebene. Auf der Grundlage des Auswertungsmaterials wurden für die Auswertung der Expertinneninterviews folgende Kategorien ergänzt: Bedarfe (der Jugendlichen, der Institution) und Haltung der pädagogischen Fachkräfte (Integrations- und Rassismusverständnis, Partizipation/Autonomie, Sichtweise auf geflüchtete Jugendliche, Aufgabe der Institution).

Zahlreiche Angebote der außerschulischen Bildung und Jugendhilfe sind für geflüchtete junge Menschen grundsätzlich offen, zugänglich und erreichbar. Die professionelle Haltung, die handlungsleitenden Grundorientierungen und die Interaktions- und Beziehungskompetenzen von pädagogischen Fachkräften und Bezugspersonen können hier zentrale Schlüsselfunktionen erfüllen. Gleichzeitig sind viele dieser Angebote aber auch durch einschränkende Strukturmerkmale und viktimisierende und klientelisierende Haltungen geprägt. So waren in einigen Bereichen sowohl eine starke Defizitorientierung und Versorgungsmentalität als auch überhöhte Integrationserwartungen gegenüber den Jugendlichen zu beobachten. In den Interviews mit den pädagogischen Fachkräften wird Integration oft einseitig als Anpassungsleistung der Jugendlichen beschrieben und nicht als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die partizipativ gemeinsam entworfen und weiterentwickelt wird. Dies spiegelt sich auch in den Interviews mit den Jugendlichen wieder, die einen hohen Leistungs- Integrations- und Anpassungsdruck beschreiben, den sie in vielfältigen Bereichen ihres alltäglichen Lebens erfahren und der sich auch in der außerschulischen Bildung fortsetzt. Exemplarisch hervorzuheben ist der große Druck, die Sprache zu lernen und erfolgreiche Leistungen in der Schule nachzuweisen. Des Weiteren berichteten viele Jugendliche von alltäglichen Rassismuserfahrungen in Schule, Jugendhilfe und Freizeit in Form von Abwertungen und Exklusion, die auch von pädagogischen Fachkräften oft nicht bearbeitet, sondern umgedeutet, ignoriert oder verharmlost werden. Es zeigt sich, wie wichtig Erfahrungen von Eigenverantwortung und Partizipation für die Jugendlichen sind. Vor dem Hintergrund, dass die aktuelle Lebensrealität stark von Fremdbestimmung, Unsicherheit und Diskriminierung geprägt ist, gewinnt dies zusätzlich an Bedeutung. Hierbei könnten gerade Räume außerschulischer Bildung Möglichkeiten eröffnen, in denen die Jugendlichen sich nicht nur als passive Hilfeempfängerinnen wahrnehmen, sondern ihre eigenen Fähigkeiten, Kompetenzen und Themen einbringen können.

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