Mit der vorliegenden Studie wurde erstmals bundesweit das Wissen von Beratungseinrichtungen über Menschen, die von Zwangsverheiratung bedroht oder betroffen sind, erhoben und systematisch ausgewertet. Kernstücke dieser Untersuchung sind eine schriftliche Befragung in Beratungs- und Schutzeinrichtungen und eine sechsmonatige Dokumentation von individuellen Beratungsfällen. Daneben wurden flankierende Untersuchungen in ausgewählten Handlungsfeldern wie Schulen, Integrationszentren, Einrichtungen der Jugendhilfe und bei Migrantenselbstorganisationen durchgeführt. Diese Kombination von Erhebungsmethoden hat es ermöglicht, das Thema Zwangsverheiratungen aus dem Blickwinkel unterschiedlicher Perspektiven zu beleuchten.
Wenn Zwangsverheiratungen in der Öffentlichkeit diskutiert werden, steht häufig zunächst die Frage nach einer genauen Zahl der betroffenen Personen im Vordergrund. Hierauf wird auch diese Untersuchung keine abschließende Antwort geben können. Die in dieser Studie ermittelte Größenordnung beruht auf einer weiten Definition, die explizit auch die Androhung von Zwangsverheiratung berücksichtigt. Im Jahr 2008 sind in insgesamt 830 Beratungsstellen 3.443 Personen erfasst worden, die entweder von einer angedrohten (60 %) oder von einer vollzogenen Zwangsverheiratung (40 %) betroffen waren. Auch wenn in dieser Zahl Doppelzählungen von Personen enthalten sind, die mehrere Beratungseinrichtungen aufgesucht haben, ist von einem großen Dunkelfeld nicht erfasster Betroffener auszugehen.
Die Studie setzt sich mit den unterschiedlichen Zugängen zur Beratung auseinander. In den Blick genommen werden soziale Hintergründe, Umstände von Zwangsverheiratung sowie spezifische Gruppen von Bedrohten bzw. Betroffenen.
In Deutschland waren überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund im Alter zwischen 18 und 21 Jahren von Zwangsverheiratung bedroht und betroffen, in vielen Fällen hatten sie die deutsche Staatsangehörigkeit. Auch zur Betroffenheit von Jungen und Männern enthält die Untersuchung Aussagen.