Die bundesdeutsche Aufnahme von Flüchtlingen aus Südostasien in den 1970/80er Jahren


Projektart Projekt der Institution
Finanzierung
Themen
  • Aufnahme und Integration
  • Flüchtlingspolitik
  • Gewaltmigration
Disziplinen
  • Geschichtswissenschaften
Laufzeit 01/2015 ‒ 01/2018
Geographischer Fokus
  • Deutschland
  • Vietnam
  • Südostasien
Institutionen
Beteiligte Personen
  • Prof. Dr. Frank Bösch
    • Leitung
Kurzbeschreibung

Das Forschungsprojekt untersucht die Aufnahme der sog. „Boat People“ aus Südostasien in die Bundesrepublik, die Ende der 1970er Jahre eine große Bedeutung gewann. Während die Bundesrepublik sich bislang kaum für eine aktive Aufnahme außereuropäischer Flüchtlinge eingesetzt hatte, wurden nun in wenigen Jahren über 30.000 Menschen, vor allem Vietnamesen, als „Kontigentflüchtlinge“ aus den Flüchtlingslagern in Indochina eingeflogen, erhielten bevorzugt Asyl oder durften als Familienangehörige einreisen. Neben der politischen Unterstützung war das breite und überparteiliche Engagement in der Bevölkerung überraschend, ebenso die umfangreichen Integrationsmaßnahmen, die auf einen dauerhaften Verbleib der Flüchtlinge abzielten. Das Projekt analysiert, wie die aus damaliger und heutiger Sicht unerwartet große Flüchtlingshilfe gegenüber den vietnamesischen „Boat People“ aufkam und ihre starke Dynamik gewann. Es untersucht, welche Rolle zivilgesellschaftliche Gruppen und Parteien, die Medien und die staatliche Bürokratie dabei spielten und wie diese bei der konkreten Aufnahme von Flüchtlingen in Indochina und der Bundesrepublik interagierten. Dabei wird erstens gezeigt, dass vor allem öffentlicher Druck die sozialliberale Regierung zu einer Aufnahme der Indochina-Flüchtlinge bewegte, sich dann aber zivilgesellschaftliches und staatliches Handeln wechselseitig ergänzten. Dieser öffentliche Druck entstand, so der zweite Befund, insbesondere durch mediale Kampagnen und durch christdemokratische Initiativen, die nachdrücklich für die Aufnahme der Indochina-Flüchtlinge eintraten. Eine entscheidende Rolle spielte dabei, so das dritte Argument, dass die „Boat People“ diskursiv mit der deutschen Nachkriegsgeschichte verbunden wurden, insbesondere der Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs. Zudem zeigt das Projekt viertens, auf welche Weise Techniken der Flüchtlingsaufnahme entwickelt wurden und neue Formen humanitärer Hilfe aufkamen, die sich als zivilgesellschaftlicher und bürokratischer Wandel interpretieren lassen. Hierbei stehen insbesondere die Arbeit der Hilfsorganisationen „Cap Anamur“ und ihre Beziehung zur Politik und Öffentlichkeit im Mittelpunkt. Die Forschung basiert zum einen auf Archivakten der beteiligten Ministerien, Parteien, Organisationen und Behörden (wie der Botschaften in Indochina, des Auswärtigen Amts, des Kanzleramts, Innenministeriums, Bundestags und der Parteivorstände), zum anderen auf Unterlagen von Hilfsorganisationen (insbesondere „Cap Anamur“), Medienquellen sowie einzelnen Zeitzeugengesprächen.

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