Das Oral-History-Projekt „Fluchtgeschichten“ versteht sich als ein Grenzfall von klassischer Museumsarbeit (Sammeln, Ausstellen, Vermitteln) und wissenschaftlichem Forschungsbeitrag. In Fortsetzung des Ausstellungs- und Buchprojekts „Fluchtgeschichten aus und nach Deutschland. Biographien und Hintergründe 1933 - 2011“ hat das Deutsche Auswandererhaus im März 2015 damit begonnen, Oral History-Interviews mit Geflüchteten unterschiedlicher Herkunft zu führen, die seit kurzem in Bremerhaven leben. Die Kontakte wurden über lokale Organisationen, Kirchengemeinden und engagierte Bürger hergestellt. Ziel ist 1. die Aufnahme von Lebensgeschichten und Erinnerungsobjekten in die Sammlung des Museums (laufend); 2. die Einbindung einer dieser Lebensgeschichten in die Dauerausstellung des Museums (im März 2016 abgeschlossen; seitdem können Museumsbesucher der Fluchtgeschichte einer syrisch-kurdischen Familie im Ausstellungsrundgang folgen); 3. die Verwendung dieser Lebensgeschichten in der museumspädagogischen Vermittlungsarbeit des Forum Migration (laufend); sowie 4. die Entwicklung von Partizipationsmöglichkeiten für Geflüchtete an Kulturinstitutionen (laufend). Als Bestandteil der Museumssammlung (1.) stehen die Lebensgeschichten und die dazugehörigen Erinnerungsobjekte (auf Anfrage) auch externen Wissenschaftlern prinzipiell zur Verfügung. Als Bestandteil von Ausstellung (2.) und Vermittlung (3.) sind sie der gesamten interessierten Öffentlichkeit zugänglich. Wissenschaftliche Grundlage der Oral History-Interviews ist ein Interview-Leitfaden, der die Erzählung der bzw. des Geflüchteten chronologisch, vom Leben im Herkunftsland bis zum Einleben in Deutschland (Bremerhaven) zu lenken versucht. Es interessieren neben den vergangenen Ereignissen von Flucht und Ankommen (siehe Stichworte) auch die zukünftigen Pläne, Wünsche und Ziele. Die zwei- bis dreistündigen, in Einzelfällen auch mehrtägigen Interviews finden meist auf Englisch oder mit Hilfe eines Übersetzers statt. Eine Absicht des Projekts ist die Schaffung eines Bewusstseins dafür, dass hinter den anonymen statistischen Zahlen immer viele Gesichter mit einem eigenen Namen und dazugehöriger Geschichte stehen. Es kann nicht darum gehen, das eine gegen das andere auszuspielen; aber es muss darauf ankommen, auch innerhalb einer sozialwissenschaftlich orientierten Geschichtswissenschaft, beides als die beiden Seiten derselben Medaille zu erkennen.
Fluchtgeschichten (Teil II)
Projektart | Promotion |
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Laufzeit | 03/2015 ‒ |
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