Gesundheit und Krankheit undokumentierter MigrantInnen. Die medizinische Versorgung und die spezifische Rolle der Gesundheitsämter


Projektart Promotion
Finanzierung
Themen
  • sonstiges
Disziplinen
  • Medizin und Gesundheitswissenschaften
  • Sonstiges
Laufzeit 05/2010 ‒ 03/2014
Geographischer Fokus
Institutionen
Beteiligte Personen
  • Dr. Maren Mylius
    • Leitung
  • Prof. Dr. med., M.A. Andreas Frewer
    • Betreuung
Kurzbeschreibung

Hintergrund: Migrantinnen und Migranten ohne legalen Aufenthaltsstatus sind Teil der hiesigen Bevölkerung und Arbeitswelt. Allerdings sind sie faktisch vom Zugang zur Gesundheitsversorgung ausgeschlossen. Dies betrifft auch die besonders vulne-rablen Personen unter ihnen wie Schwangere und Kinder. In einigen Städten haben sich Nichtregierungsorganisationen gegründet, die eine eingeschränkte medizinische Versorgung ermöglichen. Gesundheitsämter können dabei ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Der kommunale Gesundheitsdienst sieht bereits seit über einem Jahr-hundert eine seiner wichtigen Aufgaben in der „Fürsorge“ von Bevölkerungsteilen, die besonderen Gesundheitsgefährdungen ausgesetzt sind. Diesen Gedanken hat das Infektionsschutzgesetz (IfSG) mit dem § 19 IfSG wieder aufgegriffen. Sind Personen von Tuberkulose oder von sexuell übertragbaren Erkrankungen bedroht, kann der kommunale Gesundheitsdienst neben dem obligaten Beratungs- und Testungsange-bot eine kostenlose ambulante Behandlung durchführen. Außerdem können die obe-ren Landesgesundheitsbehörden anordnen, dass die empfohlenen Schutzimpfungen kostenlos durchgeführt werden. Das IfSG könnte daher für Migrantinnen und Migran-ten, die von der regulären Versorgung ausgeschlossen sind, große Bedeutung ha-ben. Ziel der Studie: Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, die Rahmenbedingungen medi-zinischer Versorgung, die Konsequenzen für Gesundheit und Krankheit sowie die tat-sächliche Versorgungssituation undokumentierter Migrantinnen und Migranten zu analysieren. Insbesondere sollen Daten zur medizinischen Betreuung an den Ge-sundheitsämtern in Deutschland erhoben, beschrieben und eingeordnet werden. Die Ergebnisse bieten eine Grundlage für Handlungsempfehlungen. Methodik: Die Dokumentationen der Hilfsorganisationen und der aktuelle For-schungsstand zu Einflussgrößen von Gesundheit und Krankheit werden in Hinblick auf diese vulnerable Gruppe diskutiert. Zur Analyse der Versorgungssituation an den Gesundheitsämtern wurde ein standardisierter Fragebogen entwickelt und in elek-tronischer Form an alle Gesundheitsämter (n = 384) versendet. Die Auswertung des anonymisierten Fragebogens erfolgt deskriptiv-statistisch. Ergebnisse: Die Daten der Hilfsorganisationen zeigen einen hohen Anteil der 20- bis 40-Jährigen unter den PatientInnen ohne legalen Aufenthaltsstatus. Die Infektionser-krankungen spielen als Anlass des Aufsuchens eine geringe Rolle, während hin-gegen Schwangerschaften in den meisten Einrichtungen einen großen Anteil aus-machen. In allen Hilfseinrichtungen steigen die PatientInnenzahlen in den letzten Jahren. Von 384 befragten Gesundheitsämtern haben 139 den Fragebogen beant-wortet (36,2 %). Etwa ein Viertel der Ämter schätzt, Kontakt zu „illegalen“ Migran-tInnen zu haben. Der Kontakt findet in Städten mit ≥ 100.000 Einwohnern signifikant häufiger statt, als in Gesundheitsämtern, die ihren Sitz in kleineren Städten haben (p < 0,05). 22,6 % der Ämter unternehmen gezielte Bemühungen, MigrantInnen ohne legalen Aufenthaltsstatus für Beratung und Diagnostik zu erreichen. 25 Gesund-heitsämter (18,4 %) gaben an, Behandlungen nach § 19 IfSG bereits durchgeführt zu haben. Insgesamt bieten 16 Gesundheitsämter (13,3 %) eine Therapie auch bei nicht im IfSG aufgeführten Krankheiten an. 56 Ämter (46,7 %) verwiesen PatientInnen darüber hinaus an Hilfsorganisationen oder an ärztliche Praxen. Schlussfolgerungen: Nur ein kleiner Teil der Gesundheitsämter hat Kontakt zu Mig-rantInnen ohne Krankenversicherung. Die optionale ambulante Behandlung wird in wenigen Gesundheitsämtern insbesondere bei sexuell übertragbaren Erkrankungen außer HIV/AIDS durchgeführt. Die hohen Fallzahlen in Gesundheitsämtern in Städ-ten mit ≥ 500.000 Einwohnern und die steigenden Patientenzahlen bei den Hilfs-organisationen weisen auf den umfangreichen Bedarf hin. Der Zugang zur Gesund-heitsversorgung ist ein elementarer Faktor als Prämisse gesundheitlicher Gleichheit. Die insgesamt jüngere Population und Migration als selektiver Faktor begünstigen eine statistisch gesündere MigrantInnengruppe gegenüber der Bevölkerung im Ziel-land; die eingeschränkten Legalisierungsmöglichkeiten und die Beschränkungen im Zugang zu sozialen Menschenrechten führen vermutlich zu einem tatsächlich schlechteren Gesundheitszustand derer, die sich ehemals in der aufenthaltsrecht-lichen Illegalität befanden. 

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