Russlanddeutsche haben die Geschichte des Russländischen Reiches, der Sowjetunion und ihrer Nachfolgestaaten sowie Nord- und Südamerikas über Jahrhunderte mitgeprägt. Sie waren nicht nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten und aus verschiedenen deutschsprachigen Regionen eingewandert, sondern lebten auch in weit entfernten Siedlungsgebieten voneinander getrennt und entwickelten sich in konfessioneller, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht unterschiedlich. Seit 1950 sind rund 2,4 Millionen von ihnen als (Spät)aussiedlerinnen nach Deutschland eingewandert. Trotz ihrer höchst heterogenen Geschichte werden die Russlanddeutschen bis heute vielfach als abgeschlossene und einheitliche Gruppe gesehen. Eine Einbettung in aktuelle Fragen der Migrationsforschung steht ebenso noch weitgehend aus wie der Vergleich mit der Historie anderer Minderheiten. Die im Rahmen des Projekts betriebene Forschung ist einem transnationalen, verflechtungsgeschichtlichen und interdisziplinären Ansatz verpflichtet und strebt eine Kontextualisierung der Geschichte und Gegenwart der Russlanddeutschen jenseits der lange Zeit die Forschung dominierenden Vorstellung von den Russlanddeutschen als einer homogenen „Volksgruppe“ an.