Projektart |
Drittmittelprojekt |
Finanzierung |
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Themen |
- Flüchtlingspolitik
- Gewaltmigration
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Disziplinen |
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Projektwebseite |
www.ethnologie.uni-bayreuth.de |
Laufzeit |
08/2009 ‒ 01/2013 |
Geographischer Fokus |
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Eritrea
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Äthiopien
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Deutschland
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Italien
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Sudan
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Türkei
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Institutionen |
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Beteiligte Personen |
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M.A. Délia Nicoúe
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Prof. Dr. Kurt Beck
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Dr. Magnus Treiber
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Kurzbeschreibung
Die afrikanischen Staaten Eritrea und Äthiopien, die seit dem Zusammenbruch
der äthiopischen Derg-Diktatur von einander feindlich gesinnten, autoritären
Post-Guerilla-Regierungen beherrscht werden, sind erneut zu Auswanderungsländern
geworden. Junge, gebildete oder bildungswillige Städter (ca. 18-35 J.) nehmen
oft jahrelange und lebensgefährliche Migrationen auf sich, um in Europa eine
neue Existenz aufzubauen. Hierbei hoffen sie nicht nur auf wirtschaftlichen
Wohlstand, sondern auch auf Rechtstaatlichkeit und demokratische Teilhabe.
Ihr schrittweises und selten privilegiertes Durchlaufen verschiedener Migrationsetappen
und örtlicher Stationen macht sie hierbei notwendigerweise zu Lernenden,
die sich einerseits in fremden Umgebungen zurechtfinden müssen und andererseits
bereits Schritte in die nächste Migrationsetappe planen und prüfen. Ihre
Vorstellungswelten und Einschätzungen neuer Umgebungen speisen sich aus
dort vermittelten Informationen, Gerüchten und eigenen sozialen Erfahrungen
vor Ort. Doch auch angewachsenes Vorwissen wird an die jeweils neue Umgebung
wie an die geplante Migrationsroute herangetragen. Vorwissen wird zum
einen aus Schulbildung und Medienrezeption gewonnen, zum anderen durch Teilnahme
an transnationalen, sich stets wandelnden migrantischen Kommunikationsnetzwerken.
Diese verbinden Menschen dank moderner Kommunikationstechnologie
in verschiedenen Etappen, Stationen und Situationen miteinander – vom
Herkunftsort bis zu vorläufiger Ankunft oder gar langjähriger Diaspora-Zugehörigkeit.
Migrationsspezifisches Wissen umfasst hierbei Informationen zu sicheren
Schlafplätzen ebenso wie Ratschläge zum örtlichen Umgang mit Polizei, Botschaftspersonal
oder Schleppern, Optionen der legalen und illegalen Weiterreise
ebenso wie das kompetente Verfassen von Studienplatzbewerbungen für europäische
und nordamerikanische Universitäten. Dieses Wissen ist jedoch kein absolutes,
sondern muss immer wieder aufs Neue geprüft, reflektiert, interpretiert
und u. U. vertrauensvoll diskutiert werden. Gerade aufgrund ihrer Prekarität und
Gefährdung sind migrantische Akteure in besonderer Weise zu bewussten Handlungsentscheidungen gezwungen. Durch zunehmende Einsicht in Beschränkungen
und Ausschluss allerdings geht der migrantische Lernprozeß meist mit wachsender
Desillusionierung einher.
Kommunikation, Wandel und Anwendung migrantischen Wissens zwischen konkreter
Örtlichkeit und Anbindung an transnationale Netzwerke wurden unter eritreischen
und äthiopischen Migrantinnen und Migranten der jüngeren Generation
in ausgewählten Migrationsstationen (Khartoum, Addis Ababa und Istanbul) beispielhaft untersucht.